Sonntag, 9. Januar 2011

Ein Geburtstag an Yomari Punhi

Aus gegebenem Anlass möchte ich kurz von meinem diesjährigen Geburtstag berichten, der doch in gewisser Hinsicht anders ablief als gewöhnlich. Zuvor jedoch ein ganz herzliches Dankeschön für all die lieben Glückwünsche, die mich aus der Heimat erreicht haben und die mir das Gefühl gegeben haben trotz der Entfernung irgendwie zu Hause zu sein...
Irgendwo außerhalb von Bhaktapur...
An diesem 21.12. fielen gleich zwei weitere Ereignisse auf dasselbe Datum, denn es war Vollmond. Der Mond spielt in der nepalesischen Kultur eine besondere Rolle und er gilt als noch wichtiger als die Sonne. So bestand z.B. die nepalesische Nationalflagge ursprünglich nur aus dem oberen Dreieck, während die untere Hälfte mit der Sonne erst später dazukam.



Konsequenterweise richtet sich auch der Kalender und damit die verschiedenen Feste des Jahres nach dem Mond. Es ergab sich also, dass mein Geburtstag zufällig mit dem von Indra und einem der größeren Newarifeste, dem Yomari Punhi, zusammenfiel. Ein Newarfest bedeutet meistens: Viel Fleisch und viel Alkohol. Letzteren kann man schon in der Wohnung riechen, denn der wird üblicherweise selbst gebrannt - natürlich nur in sterilisierten Apparaturen und mit gewissenhafter Methanol-Bestimmung, das versteht sich wohl von selbst... Dass auch Fleisch eine große Rolle spielt, wurde mir spätestens in dem Moment klar als wir den Tag in aller Frühe mit einem Morgenspaziergang begannen. Überall wurden Büffel geschlachtet, Fleisch und Organe sofort in gleichmäßige Portionen verteilt und anschließend verkauft.

Jeder kriegt von allem etwas.

So viel Fleisch...
Speziell bei diesem Fest steht jedoch eine andere kulinarische Delikatesse im Zentrum des Interesse eines Newar: Yomari. Dabei handelt es sich um tropfenförmige Reisteigtaschen, die mit einer dicken, schwarzen, süßen Rohmasse aus gekochtem Zuckerrohr gefüllt sind. Sie liegen größenmäßig optimal in der Hand und verdauungstechnisch schwer im Magen. Die Durchschlagskraft eines Yomaris reicht locker aus um einen für mehrere Stunden völlig zu plätten, die Höflichkeit gebietet dem Fremden jedoch mindestens zwei davon zu essen... Alter Schwede, war ich voll!

yummy yomari!

Natürlich gibt es kein nepalesisches Fest ohne den Segen der Götter! Auch an Yomari Punhi heißt es deshalb früh aufstehen um sich zu waschen, Segen für Haus und Bewohner zu erbitten, zum Tempel zu gehen und einige Opfer darzureichen. Ein streng gläubiger Hindu erledigt all das jeden Tag vor Sonnenaufgang. Ein Glück gehört Indra nicht dazu...
Opfergabe vor dem Haus.
Die Opfergaben, meist bestehend aus Lebensmitteln, Farben und Blumengestecken, werden auf kleinen silbernen Tabletts arrangiert und zum Transport mit einem Tuch abgedeckt. Zu opfernde Hühner werden einfach unter den Arm geklemmt und vor Ort geschlachtet. Wer jetzt vor seinem inneren Auge eine leiberschiebende Menschenmasse sieht, die sich in völliger Exstase um den dichtesten Platz am Altar prügelt, den muss ich enttäuschen. Erstens gibt es in Bhaktapur genug Tempel, auf die sich die Gläubigen verteilen können und zweitens weiß auch der Nepalese an sich wie man sich zu benehmen hat - und stellt sich ordentlich an!

Typischer Gabenteller, hier mit Yomari (links).

Vorbildlich würde ich sagen, ist es nicht?
Das kann zwar etwas dauern aber viele nutzen die Zeit für ein Schwätzchen mit dem Vorder- oder Hintermann und zeigen sich sehr geduldig. Überhaupt sind die Nepalesen nicht nur ein genügsames, sondern auch sehr fröhliches Volk. Man wird niemals auf der Straße jemanden sehen, der rummeckert, gestresst ist oder in sonstiger Form seine schlechte Laune zum Ausdruck bringt. Im Gegensatz dazu sieht man viel Lächeln, muntere Gruppendiskussionen und laute Feste. Das gleiche gilt auch für die Kinder, die man, ihrer großenteils bitteren Armut zum Trotz, mit einer Lebensfreude auf der Straße spielen sieht, wie man sie in Europa selten vorfindet. Da kommt man schon mal ins Grübeln, wer hier eigentlich der glücklichere ist.

"...und dann stell Dir vor, da wollte er 80 Rupien für! Ja! Da hab ich gesagt..."
Der Rest des Tages verlief ähnlich zu unserer Art Geburtstage zu feiern. Gegen Mittag kamen ein paar Freunde zum Essen vorbei und ich wies sie in die Technik des Stockbrotbackens ein. Als weiteres Highlight gab es dazu ungarische Salami und Nutella, die mir meine Eltern aus Berlin mitgebracht hatten. Zu meinem Leidwesen erwies sich auch Indra als großer Genießer von Nutella, zumal er dazu kein Brot benötigt sondern lediglich einen Löffel...

Ein bisschen Heimat über dem Feuer!
Zum Abschluss des Tages besuchten wir noch kurz Indras Mutter und es gab - wie sollte es anders sein - noch mehr Yomari! Um meiner Verdauung wenigstens eine Chance zu geben akzeptierte ich diesmal den dazu angebotenen Schnaps und betete für ein gutes Händchen des Destilationsbeauftragten. Wieder zu Hause angekommen war es bereits dunkel und Musiker hatten überball in der Stadt angefangen urige traditionelle Musik zu spielen. Für jedes Fest gibt es ganz bestimmte Lieder, die aber heute scheinbar kaum noch an die jüngere Generation weitergegeben werden. Vor allem der Gesang hat es mir angetan, denn die meisten Sänger haben eine tolle Stimme. Ich setzte mich also abends vor dem Schlafengehen zu einer der Gruppen in eine Ecke, ließ die Seele baumeln und genoss das Gefühl an meinem Geburtstag ein ganz besonderes Konzert dargeboten zu bekommen (-> Audiodatei zum Anhören).

Unter Musikern.

1 Kommentar:

  1. Hallo Falk,
    wir haben von Deinem Blog gehört und alles durchgelesen und angehört :-) Ein toller Reisebericht! Weiter viel Spaß- we stay tuned...
    -Joachim und Karoline

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