Sonntag, 28. November 2010

Vorgeschichte

Herzlich Willkommen zu meinem Nepalblog! Hier möchte ich in Zukunft meine Erlebnisse und Eindrücke mit allen denen teilen, die entweder schon immer mal wissen wollten, wie sich das Leben in einem Entwicklungsland eigentlich so abspielt oder die sich einfach nur fragen, wo ich eigentlich abgeblieben bin und was ich zur Zeit so treibe. Nepal ist ja für einen Chemiker wie mich nicht gerade das Land, an das man zuerst denkt um eine steile Karriere beginnt und so möchte ich hier doch wenigstens kurz voranstellen, wie es überhaupt dazu kam, dass ich nun in einem kleinen vollgeräucherten Zimmer ohne Strom, Licht und Heizung in Bhaktapur/Nepal sitze und trotz der ungewohnten Umstände ganz glücklich bin...

Als angehender Doktor der Chemie musste ich mich der Frage stellen, wie ich eine ausreichend bezahlte, interessante und erfüllende Aufgabe für meine weitere Zukunft finden konnte. Ich habe noch den weisen Rat meines Doktorvaters im Ohr, wie man ganz leicht alle Schwierigkeiten im Leben vermeiden kann: Erstens, man muss alles richtig machen und zweitens rechtzeitig. Nun zumindest den zweiten Aspekt wollte ich mir zu Herzen nehmen und machte mich bereits 1 Jahr vor Ende meiner Doktorarbeit auf die Suche nach einer sinnvollen Tätigkeit. Diese Idee begrüßten auch meine Eltern sehr ("Junge, sieh zu, sieh zu....), das Problem war nur was war denn sinnvoll? Nach kurzem Überlegen stand fest, die Industrie würde nicht mein Lieblingsarbeitgeber sein (was nicht heißen soll, dass die nicht sinnvoll ist). Dort fehlte mir ein gewisser sozialer Faktor, aber wo sollte man den finden? Da kam mir die beste Freundin von allen zu Hilfe, die nämlich wusste, dass Chemie und Entwicklungshilfe keine Gegensätze sein müssen! Ganz Feuer und Flamme von dieser Idee machte ich mich auf die Suche nach Stellen für Chemiker in Entwicklungsländern. Einige Wochen intensiver Internetrecherche später folgte jedoch die ernüchterte Feststellung: Hilfsorganisationen haben scheinbar kaum Verwendung für Naturwissenschaftler in den Einsatzgebieten, denn es gilt im allgemeinen das Motto: Praktiker gerne! Theoretiker... können sie nicht noch was anderes?

Da mir bei meinen Bewerbungen teilweise eine mangelnde Auslandserfahrung angekreidet wurde, reifte in mir der Gedanke zunächst einen Postdoc zu machen, dadurch etwas Arbeitserfahrung im Ausland zu erwerben und mir vielleicht auch noch eine zweite Fremdsprache anzueignen, was in internationalen Organisationen ebenfalls sehr gefragt ist. Ein Arbeitgeber mit interessantem Forschungsfeld (Weinchemie!) in einer noch interessanteren Region (Bordeaux!!!) war schnell gefunden, doch leider fehlte das Geld! Also wurde mit Hilfe eines aus dem Boden gestampften Kurzbprojektes ein DAAD-Stipendium beantragt. Leider blieb das ohne erfolg, so dass ich gezwungen war mir etwas anderes zu überlegen.

Ich begann mich auf eine Reihe von Stellen bei internationalen Organisationen zu berwerben und scheiterte teilweise nur knapp. Da die Ausschreibungen im Regelfall nur einmal im Jahr gemacht werden und ich nicht bis zum Anfang des nächsten Jahre warten wollte fiel also auch diese Option weg.

Zu diesem Zeitpunkt erschien mir die größte Schnittmenge zwischen Chemie und Entwicklungshilfe im Bereich Bildung zu liegen. Eine entsprechende Recherche im Internet ergab zwar eine Fülle politischer Forderungen nach mehr und besserem naturwissenschaftlichen Unterricht in Entwicklungsländern, konkrete Projekte oder Organisationen, die sich mit genau diesem Problem bescäftigten konnte ich aber nicht finden. Um mich für eine solche Aufgabe aber weiter zu qualifizieren, dabei etwas Geld zu verdienen und herauszufinden ob unterrichten denn das richtige für mich wäre, beschloss ich mich als Quereinsteiger in den Fächern Chemie/Biologie an Gymnasien im Bereich Köln/Bonn zu bewerben. Trotz einiger ganz gut laufender Vorstellungsgespräche konnte ich mich letztlich jedoch nicht gegen ausgebildete Lehrämtler durchsetzen und beschloss mein Glück im Unterrichten direkt im AUsland zu versuchen.

Auch dieser Plan wäre vermutlich an den hohen Studiengebühren von Masterstudiengängen oder schwierigen Arbeitsbedingungen in Teach-First-Programmen gescheitert, hätte ich an dieser Stelle nicht zufällig Petra kennengelernt. Wir trafen uns bei einem Bewerbungstraining des Arbeitsamtes in Frankfurt und sie riet mir es unbezahlt, aber dafür direkt im Ausland zu versuchen. Mehr noch, sie gab mir die Emailadresse von Indra, einem Freund aus Nepal, der vor einigen Jahren begonnen hatte die Schulausbildung benachteiligter Kinder durch den Bau einer eigenen Schule sowie eine Reihe anderer Projekte zu fördern. Zunächst war ich etwas skeptisch, denn das schien mir für meine Verhältnisse doch zu spontan, zu wenig abgesichert und auch finanziell nicht sonderlich attraktiv. Außerdem hatte ich bisher hauptsächlich Afrika als Zielkontinent im Auge gehabt. Je mehr ich aber darüber nachdachte, desto besser gefiel mir der Gedanke mal anders als bisher vorzugehen und die praktische Erfahrung als besten Wegweiser für die Zukunftsplanung zu nutzen. Schließlich schrieb ich voller Begeisterung nicht nur eine Email an Indra, sondern bewarb mich zeitgleich auch bei einem science college im Osten Nepals, dessen Vermittlung freundlicherweise Haimanti, eine Freundin aus Nepal, angeboten hatte. Innerhalb von drei Tagen hatte ich zwei Zusagen und war total aus dem Häuschen! Endlich gab es eine Möglichkeit meinem Traum nachzugehen sowie ein konkretes Ziel, auf das man hinarbeiten konnte.

Was folgte waren Monate des ungeduldigen Wartens, denn nun begann ich erst richtig mit dem Verfassen meiner Arbeit. Das Jahr, das ich mir zur rechtzeitigen Vorbereitung meiner Jobplanung genommen hatte, war längst abgelaufen und so konzentrierte ich mich voll aufs Zusammenschreiben um möglichst bald nach Nepal aufbrechen zu können (natürlich ohne dabei in Stress zu geraten, wer mich kennt weiß das! :) Am 19.11. setzte ich dem Warten durch die Verteidigung meiner Arbeit ein Ende und bestieg fünf Tage später ein Flugzeug der Gulf Air, was mich über Bahrain nach Kathmandu brachte!