Sonntag, 24. Juli 2011

Abschied aus Nepal

Zurück in Bhaktapur blieb nicht mehr viel Zeit und es gab noch viel zu tun. Zunächst besuchte ich mit Carol und Kopita ein paar Schüler und ihre Familien in ihren Wohnungen, wo wir sie über ihre Verhältnisse und die Schule interviewten. Auch diese Erfahrung konnte ich als wertvoll verbuchen, denn die Kinder lebten teilweise in unglaublichen Zuständen und zeigten dennoch eine Lebensfreude, die beeindruckend war.

Kopita und Carol bei den Hausbesuchen.

Ein typischer nepalesischer Hauszugang in Bhaktapur!

Mit Beginn der Regenzeit ist die Getreideernte in vollem Gange.
Natürlich wollte noch das ein oder andere Mitbringsel eingekauft werden und so fuhr ich zum Abschluss nochmal mir Jeremy und Carol nach Kathmandu. Das war mittlerweile gar nicht so einfach, denn mit der auslaufenden Frist zur Ausarbeitung der Verfassung (die noch nicht einmal zur Hälfte fertig ist) nahmen die Streiks im ganzen Land zu und führten immer wieder zu Straßensperren und vereinzelten Übergriffen.

Straßensperre bei einer Demo auf dem Weg nach Kathmandu.

Das letzte "Everest" mit Carol und Jeremy, die 2 Wochen nach mir flogen.
Es folgte die obligatorische Serie von Abschieden und Besuchen. Ich war froh für alle noch genug Zeit gefunden zu haben um mich in Ruhe zu verabschieden und natürlich hoffte ich sie alle in den nächsten paar Jahren wiederzusehen. Das Gute daran war, dass Nepalesen nicht sentimental sind und so liefen die Abschiedsszenen alle sehr fröhlich ab.

Die komplette Wohngemeinschaft aus Bhaktapur.

Das "Morning Walk" Team zu Besuch.

Abschied von Ahana, die bei meiner Ankunft 10 Tage alt gewesen war...


Schließlich brachte mich Indra zum Flughafen und wir verabschiedeten uns. Es ist nahezu unglaublich, wieviel Vertrauen und Vertrautheit ich mit diesem mir noch vor wenigen Monaten wildfremden Menschen entwickeln konnte. Für das, was er für mich getan hat und was ich bei ihm erleben durfte, kann ich ihm nicht genug danken.

Indra Prasad Khaitu - Nepalese, Gastgeber, Freund, Familienvater, Unternehmer, Schulleiter, Sozialarbeiter...
Ich schleuste erfolgreich mein von Einkäufen übergewichtiges Gepäck durch die "Kontrolle" und war zum ersten mal glücklich über die lasche Einstellung der Mitarbeiter. Bald darauf durfte ich zu meiner Freude feststellen, dass mir Gulf Air - als hätten sie die Bedeutung des Tages gespürt - mir zu meiner Abreise ein Flugzeug mit goldener Nase zur Verfügung gestellt hatte!

Wow...!!!
Tja, dies ist das Ende meines Nepalblogs! Ich hoffe es hat Euch Spaß gemacht meine Erlebnisse mitzuverfolgen und ein bisschen dabei geholfen einen besseren Einblick in diese faszierende Kultur zu bekommen. Nepal hat so unglaublich viel mehr zu bieten als hohe Berge und ich wünsche jedem von Euch, der mal die Gelegenheit hat dieses Land zu bereisen, dass er sich auch ein bisschen auf die Gastfreundschaft der Leute einlassen kann und sie näher kennenlernen darf. Mir selbst hat es jedenfalls viel Spaß gemacht von hier zu berichten und falls es mich noch einmal in ein fremdes Land verschlagen sollte, wird es bestimmt wieder einen Blog dazu geben. Bis dahin Euch allen alles, alles Gute!

Namaste !
Bis zum nächsten mal!

Samstag, 23. Juli 2011

Im "Malaria-Valley"

Nachdem ich ursprünglich mit etwa 10 Monaten in Nepal gerechnet hatte, musste ich bereits nach 5 Monaten feststellen, dass das schwierig wird: Mit dem Touristenvisum durfte ich mich insg. nur 6 Monate im Land aufhalten. Das allein wäre noch kein Problem gewesen, denn ich hatte rechtzeitig einen "study visa"-Antrag gestellt, mit dem ich das Datum meiner Ausreise selbst hätte festlegen können. Leider steckte der Antrag jedoch im Verwaltungsapparat der Tribhuvan University in Kathmandu fest und weder ließ sich die Bearbeitung durch wiederholte Anrufe katalysieren, noch war ich bereit den Antrag durch freizügige Vergabe von Scheinchen loszuspülen.

Die einzige Uni Nepals: Die TU in Kathmandu

Der Lageplan des Campus spricht glaube ich für sich...
Da auch weitere gute Praktikumsmöglichkeiten ausblieben, entschied ich mich also notgedrungen nach 6 Monaten einen Schlussstrich zu ziehen und wieder nach Hause zu fliegen - und freute mich seitdem wie ein Schneekönig darauf! Auf einmal waren da wieder all die Leute und Dinge, auf die ich mich freute, in meinem Kopf und wollten ihn nicht mehr verlassen. In dieser Verfassung stieg ich in den Vipassana-Kurs ein, was gleichermaßen hilfreich wie schwierig war. Als ich zurückkam blieben auf einmal nur noch 2 Wochen um das College in Biratnagar zu besuchen, was ich der Schule schon vor meiner Abreise nach Nepal zugesagt hatte! Also setzte ich mich schon einen Tag nach dem Kurs in den Flieger und flog nach Biratnagar.

Ab in den Süden...!
Es war wie eine andere Welt. Bisher hatte ich mich fast ausschließlich im Kathmandutal bewegt, was im mittleren Hügelland auf ca. 1300 m liegt Nun wisst Ihr ja bestimmt alle, dass Nepal nur zu einem Drittel im Himalaya liegt, während der Rest aus Hügelland und Flachland (Terai) besteht. Biratnagar, die zweitgrößte Stadt Nepals, befindet sich ganz im Südosten des Landes auf ca. 300 m und nur 5 km von der indischen Grenze entfernt. Das Terai (ehemals "Malaria-valley" genannt) ist Dank Mücken, Giftschlangen, tropischen Bedingungen und überhaupt fehlender touristischer Attraktionen bis heute bei Besuchern (wie auch bei Nepalesen aus dem Kathmandutal) recht unbeliebt, schon gar im Sommer, wenn der Monsun im Anmarsch ist und das Thermometer in Richtung 40 klettert. Kurz gesagt: Keine Sau würde Ende Mai ins Terai fahren!!!

Für alle, die noch nie nachgeschlagen haben: So sieht Nepal aus!
Ich hatte mich also auf zwei Wochen im Todesdschungel vorbereitet, die Adressen der nächstgelegenen Schlangengiftkliniken rausgesucht (Neu-Delhi), mir die größte Chemiekeule besorgt, die es gegen Mücken zu Kaufen gab (eine ranzige Pulle, die 2008 abgelaufen war - so was brauchen Nepalesen offensichtlich nicht!), noch schnell lange Hosen in Auftrag gegeben ("Das ist leider noch nicht fertig, Sir, aber in 2 Wochen, bestimmt...!") und meinen "Welt-unter!"-Bundeswehrponcho aus Deutschland einfliegen lassen. Damit hatte ich mich nun einigermaßen vorbereitet gefühlt, meldete mich aber trotzdem sicherheitshalber nochmal bei meiner Familie...

Ich hoffe der Name ist hier nicht Programm! Schule in Biratnagar.

Laut Schild eine Karateschule in Biratnagar...

Süß und irgendwie aus einer anderen Zeit: Der "School Van"!

Der lokale Rasenmäherservice!

Die Hauptstraße in Biratnagar.

Der Markt in der Innenstadt.

Bamboo Construction GmbH & co. KG
Natürlich war am Ende alles halb so wild wie befürchtet und ich sollte eine tolle Zeit in Biratnagar haben. Tatsächlich wollte man das Haus mittags angesichts der Hitze draußen nicht verlassen und auch der Monsun ließ ab und an ein wenig die Muskeln spielen, aber es gab nichts, an das man sich nicht hätte anpassen können. Bharat, mein Gastgeber vom College und baldiger Freund, kümmerte sich rührend um mich und versorgte mich mit allem, was ich brauchte (sprich Tisch, Stuhl, Wasser und Internet). Ich durfte nicht nur umsonst in seiner (nach nepalesischem Standard) Luxusvilla wohnen und mitessen, wir gingen auch zusammen auf den Markt, machten gemeinsame Ausflüge in die Umgebung und schmiedeten nach dem Unterricht große Pläne für den Aufbau wissenschaftlicher Früherziehungsstrukturen in Nepal.

Bharats bequeme Bude.

Mein neues Zimmer mit direktem Zugang zur Dachterrasse!

Blick vom Dach auf die gehobene Nachbarschaft.

Bharat und meine Wenigkeit beim Abendessen (gegen 22:00! Frühstück gabs um 9...).

Teeplantage in Ilam, nahe Darjeeling.

Der große Markt etwas außerhalb der Stadt.

Man merkt gleich: die indische Grenze kann nicht weit sein!

Frischer gehts nicht: Kurz betäuben, in Stücke schneiden und eintüten. Voila!
Wie schon in Bhaktapur profitierte ich auch in Biratnagar von der riesigen Gastfreundschaft der Nepalesen und lernte nochmal einen ganz anderen Kulturkreis kennen. Da sich, wie bereits erwähnt, kaum Touristen jemals in diese Region verirren, war ich in der Südstadt schon bald so bekannt wie ein bunter Hund und konnte mich nicht über mangelnden Kontakt zur lokalen Bevölkerung beklagen. Dabei waren die Leute auch hier unheimlich freundlich, offen und interessiert: Was man denn hier treibt, wo man denn herkommt, ob man schon verheiratet ist (definitiv die häufigste Frage, egal wohin man kommt!), ob man nicht eine Nepalesin heiraten möchte (die zweithäufigste...) usw. Egal ob beim Einkauf selbst oder nur auf dem Weg in die Stadt, man musste immer die doppelte Zeit einplanen, um zwischendurch mal eine Teeeinladung annehmen zu können, einer Schulstunde beizuwohnen, eine Runde Fußball mitzuspielen oder eine Runde auf einem Motorrad zu drehen ("Aber ihr seid doch schon zu dritt?" "Kein Problem, Sir, kommen Sie...")

Die Innenstadt von Biratnagar.

Jungs beim Cricketspiel.

Ein "Lastkraftfahrrad".

Mein morgendlicher Weg zum Science Campus.
Mit der neuen Umgebung, diverser Stunden am College, zahllosen Streiktagen und Ausflügen vergingen die Tage wie im Fluge und schon war es wieder Zeit sich zu verabschieden. Mit dem Versprechen wiederzukommen flog ich zurück nach Bhaktapur, ohne Schlangenbiss, ohne Malaria und ohne Hitzestich, dafür mit vielen neuen Eindrücken und schönen Erinnerungen im Gepäck, um die letzten Vorbereitungen für
meine Rückkehr nach Deutschland zu treffen...

Na gut, ab und zu hat's schon ein bisschen genieselt...

Die Hauptverkehrsstraße an einem ganz normalen (Streik-) Tag.

Betelnut trees als Wäschetrockner.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Bisket Jatra

Es ist nun schon einige Zeit her, doch ich will Euch trotzdem noch von einem sehr eindrucksvollen Erlebnis berichten, dem nepalesischen Neujahrsfest "Bisket Jatra" (Mitte April). Die Feierlichkeiten und Zeremonien zum neuen Jahr sind in den verschiedenen Regionen Nepals etwas unterschiedlich, doch das Spektakel in Bhaktapur zieht jedes Jahr besonders viele Besucher an und so begannen die Vorbereitungen schon mehrere Wochen im Voraus.

Vorbereitungen am Umzugswagen.
Auch Nina und Per wollten sich diese Gelegenheit nicht entgehenlassen und so hatte ich vor unserem Langtangtrek ein Hotelzimmer für die beiden reserviert. Nun hätte ich mir denken können, dass eine Reservierung in Nepal nicht sonderlich viel bringt, wenn sich tausende zahlungswillige Besucher in der Stadt tummeln. Als wir am Vorabend des Hauptfestes in Bhaktapur ankamen, war unser Zimmer längst vergeben und nur durch Zufall bekamen wir noch in einem anderen Hotel das Zimmer eines Gastes, der naiver Weise den gleichen Fehler gemacht hatte wie wir, nämlich zu spät anzureisen...

Wer jetzt noch kein Zimmer hat sollte sich beeilen!

Naja, es ist ja nicht für mich...
Das Fest dauert im Ganzen 10 Tage, an denen überall gebetet, geopfert, musiziert, gespielt und getanzt wird.

Opfergaben beim Tempel...

... und am Umzugswagen.

Nepalesisches Glücksspiel.
Der Höhepunkt des Festes besteht aus zwei verschiedenen Ritualen, die wiederum auf unterschiedlichen Erzählungen beruhen. Zum einen werden die Abbilder zweier Gottheiten (Bhairab & Bhadra) in zwei bunt angemalten, hölzernen Wagen tagelang kreuz und quer durch die Stadt gezogen. Am letzten Tag kommt es dann zu einem Wettstreit der beiden Stadthälften, bei dem jede Partei versucht den Wagen (und damit das Glück im neuen Jahr) auf ihre Seite zu ziehen. Dabei möchte man als Tourist nur ungern im Weg stehen, denn der eine oder andere nimmt schon mal einen Ziegelstein zur Hand, um seinem Glück ein wenig nachzuhelfen...

Bhairab zieht um.
Zum anderen wird am vorletzten Tag ein riesiger Mast (yosin) errichtet, an dem zwei lange Stoffbänder hängen, die zwei Schlangen symbolisieren. Die Story dazu ist etwas verrückt und ich kriege sie wohl auch nicht mehr recht zusammen (auf alle Fälle auch mit nem König, einer Prinzessin, vielen erfolglosen Verehrern und schließlich einem Helden - also auch nicht anders als die Geschichten bei uns!). Fakt ist, dass der Stamm am letzten Tag in einer Hauruckaktion wieder umgelegt wird. Damit das Ding aber nicht in die Masse fällt, gibt es extra ein paar "Sicherheitskonstruktionen" zum Auffangen. Nun ja, wir sind in Nepal - die Jungs zogen nicht nur in die falsche Richtung (und den Stamm damit an dem Gestänge vorbei), sondern diese fielen auch schon vorher von alleine in sich zusammen. Am Ende brach der Stamm nach heftigem Ziehen und Zerren aber eh in der Mitte durch und alles stürzte hin um sich ein paar Glückssplitter zu sichern...

Absperren? Wozu denn? Man weiß ja eh nicht wohin er fällt...
Damit war das neue Jahr eingeleitet! Auch wenn Ihr den Start nicht bemerkt haben solltet - Ich wünsch Euch allen ein Frohes Neues Jahr 2068!

Willkommen im Jahr 2068!

Donnerstag, 9. Juni 2011

Lektion am Langtang - Rückweg

Früh am Morgen treffe ich den kleinen Sohn unseres Gastgebers. Er steht in der Tür und schaut mir beim Zähneputzen zu. Dann pinkelt er direkt vor den Eingang, dreht sich wieder um und schließt die Tür. Verstehe nun was sie mit "open toilet" meinten und nehme mit den anderen mein Frühstück ein.

Wozu in die Ferne schweifen wenn das Gute ist so nah...?!

Klein, aber urgemütlich: Unsere letzte Lodge auf dem Rückweg.
Auch heute marschieren wir relativ zügig und mit nur wenigen Pausen das Tal hinab. Dabei erweist sich die Tatsache, dass wir auf dem Hinweg quasi schon jeden Meter abgelichtet haben, als sehr zeitsparend. Bei der heißen Quelle legen wir eine kurze Mittagspause ein und beschließen auch noch das letzte Stück bis Syabrubesi zurückzulegen.

Die letzten Stunden in ruhiger Umgebung...
Als wir dort ankommen ist es schon dunkel. Wir schaffen es jedoch einen Fahrer zu überreden uns am nächsten Morgen in seinem Transportjeep mitzunehmen und somit einer zweiten unbequemen Busfahrt aus dem Wege zu gehen.

Schön wieder auf der Straße zu sein!

Naja, immerhin waren wir drinnen und hatten einen Sitzplatz...

Rote Erde und saftiges Grün auf den umliegenden Feldern.

Trocknen des geernteten Getreides auf der Straße.

Wer hätte das gedacht: Fischzucht am Berghang!
Abgesehen davon, dass ich diesmal auch aus dem Fenster sehen kann, ist die Fahrt im Jeep um einiges bequemer und auch noch 2-3 Stunden kürzer. Somit erreichen wir bereits am frühen Nachmittag relativ entspannt Kathmandu, wo wir die Fahrt mit Shopping, gutem Essen und neuen Zukunftsplänen ausklingen lassen.

Mittags israelische Köstlichkeiten bei Or2k...

... und abends Abschlussgelage im UTSE!
Uns ist völlig klar, dass wir noch (mindestens) einmal herkommen müssen, um den Trek zu wiederholen und freuen uns schon jetzt riesig darauf. Auch wenn es dieses Jahr nicht geklappt hat mit dem Gipfel, war es immerhin eine kleine Lektion in Sachen Bergsteigen. Ich bin froh in diesem Bereich etwas dazugelernt zu haben und hoffe, dass es dann beim nächsten mal heißt "Auf dem Tsergo Ri"...

(seufz)

Anyway - We'll be back!