Donnerstag, 19. Mai 2011

Lektion am Langtang


Mit dem Himalaya ist es ein bisschen wie mit einem Lieblingskuchen: Solange noch ein Stückchen davon übrig und in Reichweite ist, kommt man immer wieder und gönnt sich noch ein "letztes, kleines Halbes". Nun, in Nepal ist man nie weiter als 100 km vom Himalaya entfernt und trotz konstanter Erosion ist immer noch eine Menge davon übrig. Wenn man sich also diese Verlockung einmal vor Augen führt und dann noch den besonders schwerwiegenden Umstand berücksichtigt, dass ich schon seit über 2 Monaten auf dem Trockenen saß (also mich nur im Flachland aufgehalten hatte) - dann ist wohl jedem klar, dass in meinen zwei verbliebenen Monaten in Nepal noch reichlich Zeit  für einen "ganz kurzen Abstecher" in den nur 100 km von Kathmandu entfernten Langtang-Nationalpark sein MUSSTE. 

Wer nicht mehr den Wald vor lauter Bäumen sieht...

... sollte mal wieder in die Berge gehen!!!
Da so ein Ausflug alleine aber etwas öde sein kann, hatte ich mir bereits im Vorfeld ein paar Mitstreiter gesucht: Nina, eine Freundin aus meiner Zeit in Giessen (auch genannt die "Bergziege" - die meisten Menschen werden am Berg langsamer, Nina aber läuft einfach weiter...) und ihr Bruder Per, den ich schon von einem Besuch in Mannheim her kannte und der, wie auch Nina, bislang "nur von Alpen gelebt" hatte.

Das Team: Nina,...

... Per...

... und meine Wenigkeit.
Anfang April war es dann endlich soweit und ich holte die beiden vom Flughafen in Kathmandu ab. Ninas Rucksack hatte sich während des Fluges (Dank einer Lösung zum Desinfizieren von Trinkwasser) in eine kleine Chlorbombe verwandelt, und so verbrachten wir den Rest des Abends mit Lüften und Chillen. Gleich am nächsten Morgen begann ein kleiner Organisationsmarathon: Eine Genehmigungen zum Betreten des Nationalparks, eine Genehmigung zum Trekken, Tickets für den Bus, Gepäckaufbewahrung im Hotel, etc. Erst am Nachmittag kamen wir dazu noch eine kleine Runde durch Kathmandu zu drehen und den "Garden of Dreams" sowie die Altstadt zu besichtigen.

Am Drubar Square in Kathmandu.

Im "Garden of Dreams".

Das erste Daal Bhaat!
Schließlich, um uns ein wenig auf unser tibetisch geprägtes Zielgebiet einzustimmten, nahmen wir einen überaus reichlichen und leckeren tibetischen Feuertopf zu uns sowie den berühmt-berüchtigten Yakbuttertee, bestehend aus frischer Yakbutter, schwarzem Tee und einer tüchtigen Portion Salz (ich bin mehr für berüchtigt...). Insbesondere letzterer war ein prägendes Erlebnis. Es geht damit los, dass der Tee nicht tassen-, sondern nur kannenweise ausgeschenkt wird. Obwohl nur eine kleine Fettschicht obenauf schwimmt und das Gebräu im ersten Moment lediglich wie dicke Milch schmeckt, haute es mich schon nach wenigen Augenblicken gehörig von den Socken - und das obwohl ich schon saß! Nach einer ersten schnellen Energiebilanzschätzung würde ich sagen, dass man mit 3 Tassen "UTSEs Starkbuttertee" ohne Probleme zu Fuß den Himalaya überqueren kann...

Nach einem Buttertee kann man nur noch liegen - und die Gedanken vorbeiziehen lassen.
Vor Beginn der Schlacht um den tibetischen Feuertopf.

Kloschüsselzucht auf dem Dach vom UTSE
Wir hatten uns entschlossen gleich den ersten Bus um 6:30 zu nehmen und das hatte seinen Grund. Syabrubesi, der Startpunkt unser Wanderung, ist zwar nur 116 km von Kathmandu entfernt, doch die "Piste" (der Begriff "Straße" passt leider nur auf die ersten paar Kilometer) ist großenteils in einem so schlechten Zustand, dass die Fahrt erfahrungsgemäß um die 8-10 Stunden dauert. Da es nur diese eine Straße gibt, blieb uns jedoch (abgesehen von Fallschirmspringen) keine Alternative - und so schlimm wie alle sagen konnte es doch auch gar nicht sein (Forum: "Nie wieder!" "Als ich ankam hatte ich total blutige Knie!" "Der absolute Wahnsinn...") - oder?

Immer schön positiv bleiben!
Als wir in aller Frühe den Bus enterten, wurden wir sofort freundlich auf die letzte Bank verwiesen. Ja Bank. Man könnte auch Brett sagen. Im Gegensatz zu den anderen Sitzen war bei uns der größte Teil der Polsterung nämlich eingespart worden. Wir wären keine Deutschen, wenn wir nicht liebend gerne und mit Enthusiasmus Protest eingelegt hätten, doch die in den Bus nachdrängende Masse von Menschen und das rasche Blockieren des Mittelganges mit Leuten und Taschen jeder Größe verhinderte jegliche Flucht nach vorne. Also fügten wir uns in unser Schicksal, klappten unsere Beine hinter die Ohren und begannen zu beten, dass wir doch bald da seien...

Nach Einnehmen der Plätze: Müde, aber noch gut drauf.

Blick den Mittelgang entlang...

... und auf Pers Knie!
Über die von uns in den folgenden Stunden durchfahrene Landschaft kann ich leider nicht viel berichten. Aufgrund der erhöhten Position in der letzten Reihe lag mein Fenster ungefähr in Brusthöhe. Meine persönliche Aussicht beschränkte sich also auf den in der Seitenwand installierten (natürlich defekten) Ventilator, mit dem ich auf Grund der Buckelpiste des öfteren Kontakt aufnahm. Dank meiner Kamera konnte ich aber ab und zu sein paar Photos schießen und auf diese Weise den Lauf der Dinge draußen auf dem Bildschirm verfolgen.

"Blick" durchs Fenster in die karge Landschaft.

Frühstückspause bei einem echten "Fast-Daal-Bhaat"-Restaurant.
Unnötig zu sagen, dass sich die Fahrt hinzog. Abgesehen davon, dass die 116 km Strecke bis auf die ersten 30 min ausschließlich aus Serpentinen bestehen, kamen noch unzählige checkpoints hinzu. Als Überbleibsel des langjährigen bewaffneten Konflikts ist Nepal übersät mit Stützpunkten der Armee oder der Maoisten (die bis heute noch ihre eigenen Truppen haben). Das an sich wäre kein Problem, denn die sporadischen Versuche eines Soldaten im Businneren Drogen oder Waffen aufzuspüren, waren angesichts der Überfüllung ebenso kurz wie aussichtslos. Doch die Kontrolleure legen großen Wert auf Recht und Ordnung und dazu gehört beispielsweise auch, dass sich niemand auf dem Dach eines Busses aufhält. Kein Busfahrer in Nepal würde jemals wegen Platzknappheit im Businneren auf weiteres zahlungsfähiges Klientel verzichten. Vor jedem Checkpoint hieß es daher also anhalten, alles absteigen, zu Fuß den Posten durchqueren und dahinter wieder aufsteigen - und das kann dauern...

Geradeaus wäre ja auch langweilig gewesen...

Und wieder bitte alles absteigen...

Oben wurde es bislang etwas eng - gut dass an der Seite noch viel Platz war...

Ohne Worte!
Nach 9 1/2 Stunden erreichten wir schließlich ziemlich geplättet (aber ohne blutige Knie) Syabrubesi und fühlten Mitleid für die 5 Israelis, die neben uns gesessen und noch eine weitere Stunde Fahrt vor sich hatten. Noch schlimmer traf es zwei andere Israelis, die wir später am Abend im Hotel trafen. Sie hatten sich für den späteren Bus um 7:30 entschieden und waren auf Grund einer Reifen- und diverser anderer Pannen geschlagene 12 1/2 Stunden unterwegs gewesen! Glücklich darüber, dass wir "nur so kurz" hatten ausharren müssen, machten wir noch einen kleinen Spaziergang zum Eingang des Langtang-Tals und gingen mit Vorfreude auf unseren ersten Wandertag ins Bett... (Fortsetzung folgt)

Endlich: Ankunft in Syabrubesi!

Stupa außerhalb von Syabrubesi.

Nina & Per am Eingang zum Langtang-Tal. Morgen geht's los!

1 Kommentar:

  1. Hi Falk,
    macht richtig Spaß die Berichte zu lesen.

    Liebe Grüße ausm sonnigen Hamburg
    Per

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