Donnerstag, 9. Juni 2011

Lektion am Langtang - Tag 5

Wie erwartet gönnt uns die Aufregung nicht viel Ruhe. Aber da ist noch etwas anderes, was uns am Schlafen hindert. Wind ist aufgekommen. Ich versuche mir einzureden, dass Wind alleine ja niemanden am Bergsteigen hindert, aber das gelegentliche Klatschen an der Fensterscheibe verunsichert mich. Als ich nachts aufstehe um aufs Klo zu gehen wird die Befürchtung zur Gewissheit - es schneit und zwar ordentlich! Auf den nassen Holzplanken wird der Klogang zur Rutschpartie und ich frage mich wie wir auf den Gipfel kommen sollen, wenn ich es noch nicht einmal bis zum Klo schaffe!? Als um 5:30 der Wecker klingelt hat der Schneefall aufgehört, aber das Bild, das sich mir bietet, lässt mich vor Enttäuschung fast verzweifeln: Weiß soweit das Auge reicht und tiefhängende Wolken, die die umliegende Bergwelt komplett verschlucken.

Trübe Aussichten am Morgen.. : (

Unsere Lodge vor dem (nicht zu sehenden) Langtang.
Gut nur, dass wir nicht zum Jammern, sondern zum Wandern hergekommen sind! Nachdem wir eine gute Dreiviertelstunde unruhig hin- und hergetigert sind, beginnen sich die Wolken langsam zu lichten und wir fassen wieder Hoffnung. Wenn nur der ganze Schnee nicht wäre! Doch auch da kommt uns das Glück zu Hilfe. Am Rande der Siedlung treffe ich zwei Koreaner mit nepalesischem Führer, die sich von den Wetterbedingungen nicht im Geringsten beeindruckt zeigen. Nachdem sie erklärt haben, sie würden "heute mal den Tsergo Ri besteigen", gibt es für mich kein Halten mehr. Laufe schnell zurück um den anderen beiden Bescheid zu geben. Per fühlt sich leider immer noch nicht fit genug für solch eine Unternehmung, erklärt sich aber bereit in Kyanjin Gompa auf uns zu warten. So kommt es, dass Nina und ich erst gegen 6:30 den Koreanern hinterhereilen, die sich bereits auf den Weg gemacht haben...

Per allein zu Haus.
Bald stellt sich heraus, dass der Guide nur von dem älteren der beiden Koreaner angeworben wurde, welchen ich schon auf gut 50 schätzen würde. Er fällt schnell hinter dem deutlich jüngeren Landsmann und seinem Guide zurück, was letzteren jedoch nicht zu stören scheint. Dieser trägt im Übrigen außer einem Radio nichts mit sich und ich frage mich ob er sich die nächsten 5 h von Schnee ernähren will. Nachdem.. wir am Fuß des Berges schließlich auf Rufweite zur Gruppe aufgeschlossen haben, beginnt das Vertrauen in ihre Führungskompetenz weiter zu schrumpfen. Frenetische Kommentare wie "JUUHUU! Jeder Schritt ein Rekord! GO!GO!GO!!!" und "Gar nicht auf unsere [Serpentinen-] Spur achten, einfach geradeaus hoch laufen! YEAH!" lassen uns zweifeln, ob wir da dem richtigen folgen. Das Problem ist, mit mehreren Zentimetern Neuschnee und unbekannter Route scheint ein Guide die einzige Möglichkeit sich eine Chance auf den Gipfel zu bewahren. Erst als wir zum ersten Aussichtspunkt kommen und bei traumhafter Aussicht eine kleine Frühstückspause einlegen (Chapati mit rischte jut Yakkäse druff! Die optimale Bergsteigernahrung halt...), sind unsere Sorgen für einen Moment vergessen. Die aufgestaute Sehnsucht der letzten Tage nach Bergen und Gipfeln bahnt sich ihren Weg und wir baden in einem Meer aus Weiß und Blau und können uns gar nicht satt sehen.

Das Kimchi-Team am ersten Aussichtspunkt.

Picknick auf ca. 4100 m (zum Vergrößern klicken).

Unsere koreanischen Gefährten am Grat des Tsergo Ri.

... und wir hinterher!
Die nächste Entscheidung des Guides bringt alle Bedenken wieder zurück auf den Plan. Da der übliche Weg den Grat entlang durch den Schnee angeblich zu rutschig ist, führt er uns auf die offene Flanke des Berges. Von nun an geht es ohne Weg schnurgerade und mit deftiger Steigung nach oben. Es ist das bekloppteste was ich je in meinem Leben gemacht habe! während einem die Sonne auf den Schädel knallt kämpfen wir uns mehr rutschend als steigend den Berg hoch. Abgesehen von der schieren Anstrengung ist das nicht ganz ungefährlich. Unter der schmelzenden Schneeschicht liegen immer wieder ausgedehnte Geröllfelder, die sich beim ersten Betreten bereitwillig in Bewegung setzen und einen ständig besorgt nach oben blicken lassen.

Alles Gute kommt von oben...
Ohne mir dessen im Vorhinein bewusst gewesen zu sein, haben wir die Grenze vom Wandern zum alpinen Bergsteigen überschritten. Wir sind nun auf gut 4300 m Höhe und ich registriere die Auswirkungen mit Unbehagen. Anzeichen von Höhenkrankheit bleiben zwar aus, aber allein die Erschöpfung zwingt mich alle 3-5 Schritte zu pausieren und tief Luft zu holen. Das Blut hämmert einem im Kopf wie nach einem 100m-Lauf und mein Trinkwasser nähert sich langsam aber sicher dem Gefrierpunkt. Die zwei Paar Socken an meinen Händen entpuppen sich (wer hätte das gedacht?) als unpraktisch und ich beschließe sie wegzulassen. Immer häufiger ziehen nun Wolken auf und mein Temperaturempfinden schwankt ständig zwischen "Sauna" und "Eisfach". Abgesehen davon, dass dadurch wieder mehr und mehr Berggipfel im Dunst verschwinden, mache ich mir auch zunehmend Gedanken über die Lage des Wetters. Als ich mich diesbezüglich jedoch an unsen Guide wende, winkt der nur ab. Während hinter uns geräuschvoll Lawinen ins Tal donnern und der Himmel sich von Blau zu Dunkelgrau verwandelt, meint er ich solle mir mal keine Sorgen machen, dreht sein Radio auf volle Lautstärke und beginnt am Steilhang zu tanzen...

Langsam aber sicher verschwindet die Bergwelt im Dunst... (zum Vergrößern klicken)

...und das, wo Ninas Aussicht ohnehin schon stark beschränkt ist!

Das hier entspricht definitiv nicht mehr meiner "Wohlfühl-Steigung"!
Wenig später entscheiden sich sein Client und Nina umzudrehen und erstaunlicherweise macht er sich ebenfalls auf den Rückweg um sie zu begleiten. Damit befinde ich mich nun, zusammen mit dem anderen (nicht weniger unerfahrenen) Koreaner, an der Spitze einer Verfolgergruppe von Franzosen, deren Guide sich - aus mir unerklärlichen Gründen - dazu entschlossen hat uns zu folgen. Hin- und hergerissen zwischen Ehrgeiz und Sicherheitsbedenken steigen wir mühselig weiter, immer in der Hoffnung, wenigstens einen Blick nach Tibet auf der anderen Seite des Berges werfen zu können. Doch es folgt Kamm auf Kamm und die Zeit schreitet rasch voran. Je näher wir dem Gipfel kommen, desto häufiger verschwindet er im Dunst der Wolken und ebenso meine Hoffnungen auf eine schöne Aussicht.

Immerhin schon in Sichtweite: Gebetsfähnchen auf dem Gipfel...

Aber schon kurz darauf sah es oben so aus! : (
Als mir bewusst wird, dass ich im Begriff bin zugunsten einer Gipfelbesteigung alle meine Sicherheitsbedenken beiseite zu wischen, entscheide ich mich ebenfalls das Vorhaben "Tsergo Ri" abzubrechen. Obwohl ich bereits die Gebetsfahnen auf dem Gipfel erkennen kann, bin ich immer noch gut 100-200 Höhenmeter davon entfernt (4900 m). Darüber hinaus wirken dunklen Wolken zu bedrohlich auf mich, vor allem angesichts des noch bevorstehenden Abstiegs (ca. 2-3 h). Wünschte ich hätte ein bisschen mehr Ahnung von Wetterkunde und beschließe zum x-ten mal beim nächsten mal besser vorbereitet zu sein (einschließlich einer richtigen Mütze und Handschuhen, vernünftigem Proviant, einem Höhenmesser, einer Karte - unsere hatte ich gleich am ersten Tag irgendwo auf dem Weg verbaselt - ein bisschen Plan von der Route, ausreichend Zeit und noch so einigem mehr). Bin unglaublich enttäuscht. Wenn man sich schon drei Stunden lang den Berg hochgekämpft und noch Luft hat, packt einen einfach das Gipfelfieber und man würde alles tun um sein Ziel zu erreichen. Das hilft einem auf der einen Seite durchzuhalten, auf der anderen Seite riskiert man sich oder sogar andere in größere Schwierigkeiten zu manövrieren.

Ein letzter Blick von oben (zum Vergrößern klicken).
Nach ein paar letzten Photos verabschiede ich mich also gegen 10:20 von den Franzosen und beginne, zusammen mit dem Koreaner, den Abstieg. Wir haben uns entschieden über die eigentliche Route am Grat abzusteigen, doch die entpuppt sich schon bald als nicht weniger gefährliches Geröllfeld. Der Schnee hat die Lücken zwischen den hüfthohen, losen Gesteinsbrocken ausgefüllt und die Oberflächen mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Entspanntes Absteigen sieht anders aus...

Mein koreanischer Begleiter beim Abstieg.
Ich bin kaum unten im Tal angekommen, als es schon wieder anfängt zu schneien. Ich beeile mich zurück nach Kyanjin Gompa zu kommen, wo ich gerade noch Nina und Per erwische. Nach einer kurzen Umpackpause machen wir uns schnell auf den Rückweg. In Langtang legen wir nochmal einen kurzen Stop ein um uns in der Käsemanufaktur mit Brot und apple pie zu stärken, dann geht es weiter.

Nepali Highwayman.
Doch das Wetter wird immer schlechter. Wolken scheinen nur wenige Meter über uns hinwegzuziehen und bald setzt starker Regen ein. Wir flüchten also in eine winzige nahegelegene Hütte, wo wir einen munteren Neuseeländer antreffen und beschließen nach kurzer Überlegung hier die Nacht zu verbringen. Der Frust vom Morgen sitzt Nina und mir noch tief in den Knochen, aber die gute Laune des Kiwis wirkt ansteckend und spätestens nach ein paar Bier, einem guten Daal Bhaat und einem Snickers-Momo als Nachtisch geht es mir wieder gut. Darüber hinaus setzt nun schlagartig die Müdigkeit ein und unter dem beruhigenden Geprassel des Regens fallen wir in unsere Betten.

Angenehm: Hier unten ist das Wasser wieder flüssig!

Jetzt aber schnell...!!!

Dienstag, 24. Mai 2011

Lektion am Langtang - Tag 4

Es kann weitergehen. Per ist zwar noch nicht wieder völlig auf auf dem Dampfer, aber es reicht zum Ablegen. Dafür hören wir, dass unser Gastgeber seit längerem unter starken Rückenschmehrzen leidet. Per versorgt ihn mit Schmerztabletten und versucht ihm die Anwendung klarzumachen. Das ist nicht ganz einfach, denn "starke Medikamente" kennt man hier nicht. Uns selbst stärken wir lediglich mit einem warmen high-calorie-porridge und machen uns auf den Weg. Wie versprochen begleitet uns der Inhaber des Pilgrims. Das Pferd lässt er jedoch im Stall, als er hört, dass Nina und ich unsere Rucksäcke selber tragen werden und so lädt er sich Pers Sachen selber auf.

Porridge am Morgen vetreibt Kummer und Sorgen.
Nach einer halben Stunde erreichen wir die von einer Lawine zerstörten Häuser des Nachbardorfes und unterhalten uns kurz mit den Anwohnern. Es ist bedrückend zu realisieren, dass wir nicht wirklich helfen können. Wir spenden etwas Geld für den Wiederaufbau der Häuser, aber der Verlust eines Vaters und eines Kindes ist durch nichts wiedergutzumachen.

Am Unglücksort.
Wir folgen dem Verlauf des Tals, das jetzt nun fast eben ist und erreichen nach etwa 2h Kyanjin Gompa (3860 m), den Endpunkt des Langtangtreks. Die Siedling liegt auf einem Plateau am Rande des Tals, umgeben von einer Reihe kleiner und mittelhoher Berge, die für ihre schönen Aussichten bekannt sind.

Ohne Steigung geht es jetzt schnell voran.

Großer bemalter Gebetsfelsen am Ufer des Langtang.

Kyanjin Gompa, im Hintergrund links der Tsergo Ri.
Aus Dank für seine Mithilfe lassen wir uns bereitwillig von unserem tibetischen Freund zu seinem zweiten Gasthaus führen und beziehen unser Quartier. Der Himmel ist zwar zunehmend bewölkt, aber auch heute zieht es uns raus zu einem Spaziergang. Immerhin gibt es nicht viel anderes zu tun und der Tag ist noch lang. Während Per im Gasthaus bleibt um sich auszuruhen, machen Nina und ich uns also auf die Umgebung zu erkunden.

Rast nach der Ankunft in unserer Lodge.

Auf den "Luxus" dieser Dusche haben wir bereitwillig verzichtet...
Um Kyanjin Gompa gibt es Aussichtspunkte in unterschiedlichen Höhen, darunter einen Gletscher (4300 m, zurzeit unsicher), den Kyanjin Ri (4600 m, ca. 3h, machbar) und den Tsergo Ri (4984 m, ca. 5h, sehr engagiert). Auf Grund der fortgeschrittenen Zeit würden wir nur Zeit für einen einzigen Besteigungsversuch haben, bevor wir wieder den Rückweg Richtung Syabrubesi antreten müssen. Nun muss man sagen, dass die vergangenen Tage unheimlich schön gewesen waren, doch die Berge hatten wir immer nur aus dem tiefen Tal heraus gesehen. Dazu kam noch, dass wir vom Rumsitzen in Langtang am vergangenen Tag kribbelige Füße bekommen hatten. Für uns alle war Kyanjin Gompa mit seinen 3800 m bereits ein neuer Höhenrekord, aber wir wollten jetzt endlich mal RICHTIG hoch hinaus um gute Sicht zu haben. Zunächst dominierte noch Ninas Vernunft. Wie automatisch faselte sie Dinge wie "keine Zeit", "nicht gut genug ausgerüstet" und "hirnverbrannt". Im Unterbewusstsein aber war es auch ihr schon völlig klar und so gab sie ihre restlichen Bedenken auf. Es gab nur einen Berg, der für uns in Frage kam: Der Tsergo Ri.

Strotzender Optimismus vor unserem Erkundungsgang.
Um unsere Akklimatisierung schneller voranzutreiben wählen wir also den Weg zum Tsergo-Ri. Der Plan war nur ein paar Meter höher zu klettern und sich mit der Umgebung bekannt zu machen, aber schon nach ca. 50 Höhenmetern kommt unser Vorstoß zu einem Halt. Nina hat plötzlich dröhnende Kopfschmerzen und ich komme schlichtweg mit dem Atmen nicht mehr hinterher. Bisher waren wir von Anzeichen der Höhenkrankheit verschont geblieben, wenn man einmal von gelegentlichen Schlafschwierigkeiten absah. Hier aber schien sie sich zum ersten mal deutlich bemerkbar zu machen und so drehen wir wieder um und steigen hinab.

"Hey Falk, warum keuchst Du denn so?!?"

Wieder unten im Tal.
Kyanjin Gompa ist nicht der Endpunkt des Langtangtals, das sich in einem Bogen noch einige Kilometer weiter Richtung Tibet erstreckt. Noch etwas benommen von unserem kurzen Aufstieg trotten wir ein Stück weit das Tal entlang, bevor wir auch hier aufgeben. Der Wind hat zugenommen und pfeift uns nun mit eisiger Kälte um die Ohren. In Ermangelung einer Mütze wickel ich mir meinen Pullover um die Ohren und stelle fest, dass für die Besteigung des Tsergo Ri ein vernünftiges Paar Handschuhe und eine Mütze ganz nützlich sein könnten...

Unterwegs in Richtung Tibet.

Nina hat mitten auf dem Plateau ein windstilles Plätzchen entdeckt!

Oh man, kann Bergsteigen ungemütlich sein...
Zurück im Dorf päppeln wir uns mit warmem Tee auf und decken uns, sehr zur Freude der ansässigen Bevölkerung, mit reichlich Wollkleidung und auch dem ein oder anderen Souvenir ein. Am Nachmittag wird es zunehmend ungemütlich draußen. Während Nina sich von den Strapazen unseres Ausflugs erholen muss, geht es Per nun ein wenig besser und so machen wir uns beide nochmal auf das örtliche Kloster (Gompa) zu besuchen. Im Gegensatz zum Kloster in Langtang gibt es jedoch nicht wirklich etwas interessantes zu sehen und so besichtigen wir stattdessen die Dorfbäckerei von innen. Die Zimtschnecken, die wir erwerben, sind nach der kulinarischen Orgie in Langtang jedoch ein schwerer Schock: Ein Geschmack wie Kohle und eine Konsistenz wie Granit.

Das Kloster Kyanjin Gompa.
Den Rest des Tages verbringen wir mit Kartenspielen, Kniffel und Diskussionen in der Stube. Die Einschätzung der nepalesischen Guides für eine Besteigung des Tsergo Ri fällt unterschiedlich aus. Von "kein Problem" über "schwierig, aber machbar" bis hin zu "würde ich nicht machen" ist alles dabei. Wir bleiben bei unserem Entschluss es zumindest zu probieren und im Zweifelsfall abzubrechen. Als wir ins Bett gehen ist an Schlaf eigentlich kaum zu denken: Der Wecker steht auf 5:30 und alle Gedanken drehen sich nur um die uns bevorstehenden 1124 m Aufstieg...

Morgen ist es soweit...

Montag, 23. Mai 2011

Lektion am Langtang - Tag 3

Per ist krank. Irgendetwas muss in seinem Essen gewesen sein und so verbrachte er eine unruhige Nacht auf dem Klo. Sieht so aus als wäre damit heute leider nicht mehr an Wandern zu denken. Wir beschließen also einen Ruhetag einzulegen und das letzte Stück nach Möglichkeit morgen zurückzulegen. Während sich Per ausruht, machen Nina und ich einen kleinen Ausflug weiter das Tal hinauf. Das Wetter ist klar und der Blick auf die Berge ein Traum. 

Wer könnte bei so einem Wetter schon zu Hause rumsitzen? Also ab nach draußen...

Der ständige "Genuss" von Chlorwasser beginnt seine Spuren zu hinterlassen...

mani-Mauern entlang des Wegs.

Bergpanorama am Ende des Tals.
Bei einer Teepause in einer abgelegenen Hütte erfahren wir, dass vor wenigen Tagen bei einer Gerölllawine im Nachbardorf mehrere Menschen ums Leben gekommen sind. Da die Menschen sich hier untereinander gut kennen, herrscht überall große Betroffenheit. Wir unterhalten uns noch eine Weile mit der Tochter, die das Haus tagsüber alleine hütet und ein paar Kindern, dann verabschieden wir uns und verbringen den Rest des Vormittags mit Wäschewaschen und Duschen.

Weidende Yaks in Langtang.

Auch das muss mal sein: Waschtag.
 
So schön der Himalaya auch ist - ich freu mich riesig darauf bald wieder zu Hause zu sein!

Ninas Lieblings-Mittagssnack: Chapati mit importierter Macadamia-Creme.
Im Laufe des Nachmittags geht es Per immer besser und so besuchen wir gemeinsam die örtliche Yakkäsemanufaktur, die dazu passend auch noch hervorragendes Kümmelbrot und Apfelkuchen bäckt. Wir schlemmen und wanken anschließend nach Hause um noch einige Stunden mit Skat und Kniffel totzuschlagen.

Brot! K ä s e!! APFELKUCHEN!!! Wir können es kaum glauben...

Und was jetzt? Na gut, noch ne Runde...
 
... denn draußen wird es zunehmend ungemütlicher.
Als ich am Abend in der Küche unser Essen bestellen möchte, werde ich Zeuge eines außergewöhnlichen Rituals. Aufgeschreckt von den Ereignissen im Nachbardorf wurde ein tibetischer Mönch geholt, um Unheil und böse Geister vom Haus unseres Gastgebers fernzuhalten. Nach den anderen wird auch bei mir am ganzen Körper das "Böse" mit einer Art Nuss abgesammelt und in eine Tüte gesteckt. Diese wird anschließend, zusammen mit drei Tonfiguren, über gut 20 min besungen, beschimpft und mit Reis beworfen. Schließlich wird eine Mehlspur zur Tür gelegt und das gefangene Böse unter lautem Gerufe und Getöse aus dem Haus gejagt! Sobald unser Gastgeber mit Tüte und Ton die Hütte verlassen hat um die Figuren draußen zu zerbrechen, wird die Tür verriegelt und verrammelt. Zum Abschluss der Zeremonie werden wir alle noch vom Mönch gesegnet und von Schlechtem befreit. Wir sind beeindruckt und nun endgültig überzeugt morgen weiterziehen zu können. Der Inhaber des Pilgrims bietet trotzdem an sein Pferd zur Verfügung zu stellen, damit wir nicht unser Gepäck tragen müssen. Wir behalten uns unsere Entscheidung für morgen vor und gehen zeitig ins Bett.

Unsere tibetischen Gastgeber in der Küche.

Lektion am Langtang - Tag 2

Früh am nächsten Morgen reiten die Bullen ein! Wir beeilen uns in die Pötte zu kommen, nehmen ein kleines Frühstück zu uns und marschieren los. Es geht jedoch nur langsam voran, denn alle 20 m bietet sich ein neues grandioses Panorama oder Detail, das photographiert werden will.

Bullenalarm!

Für mein Photo greift der Chef des Hauses extra nochmal in die Trickkiste!

Im Schattenwald.
Nina scheint eine ausgeprägte "Rhodophilie" im fortgeschrittenen Stadium entwickelt zu haben. Bis jetzt hatte sie sich damit begnügt jeden einzelnen Rhododendron abzulichten. Als sie jetzt anfängt Bäume zu umarmen fange ich an mir ein bisschen Sorgen zu machen...

Ojeoje, wie soll das nur enden?!?

Es gibt doch noch so viele andere schöne Blumen hier!?!
Der Weg führt immer höher das Tal hinauf und die weißen Berggipfel kommen zusehends näher. Je länger wir laufen, desto einladender wirken aber auch die Rastplätze entlang des Flusses.

Juuhuu!!! Berge!! Wir kommen...

Oh, mei... do legst' di nieder!

Verrückt, was hier so alles wächst...!?!
Auch heute zieht unser Kniffelspiel in der Mittagspause wieder Besucher an. Schnell steht fest, dass der kleine Zuschauer Nina von heute an jeden Tag begleiten will! Unser Abschied fällt entsprechend tragisch aus und wir machen, dass wir weiterkommen.

Touristenfütterungsplatz voraus!

Nina und ihr neuer kleiner Freund beim Kniffeln.

Drama, Baby, Drama...

Back on the road again...
Wir passieren nun immer wieder wasserbetriebene Gebetsmühlen und mani-Mauern: Breite, langgezogene Steinmauern mit dem tibetischen Mantra "Om mani padme hum", Anzeichen für die immer stärker verbreitete tibetische Kultur.

Eine 24 h - Gebetsmühle!

Behauener Stein einer mani-Mauer.

Frage mich ob es diese ganzen Blumen bei uns eigentlich auch gibt...?!?
Die Leute, die wir treffen, sind zwar fast alle schon vor einigen Generationen auf die nepalesische Seite des Himalaya übergesiedelt, tragen aber immer noch tibetische Kleidung und fühlen sich auch noch als Tibeter. Sie sind unheimlich gastfreundlich und offen, auch wenn der Tourismus bisweilenn seine unschönen Spuren hinterlässt. Die Leute profitieren schließlich ebenso davon, wie sie auch von ihm abhängig werden. Da die Trekkingsaison aber sehr kurz ist, herrscht ein harter Kampf um jeden müden Wanderer und so sieht man sich an jedem Gasthaus vehementer Werbeangebote ausgesetzt.

"No, thank you, no rest, no food, no bed, we are fine, really..."

Tibetische Gebetsfahnen über dem Weg.
Am späten Nachmittag erreichen wir das Kloster von Langtang, unserer zweiten Station. Eigentlich hat es schon zu, aber ein freundlicher Einwohner des Dorfes schließt extra für uns nochmal auf. Innen drinnen ist es zappenduster, aber als die Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, sieht man die vielen kunstvollen Malereien an den Wänden - leider großenteils in stark verwittertem Zustand.

Zwei Kinder freuen sich über den Besuch im Dorf.

Dunkel und urig ist's im Kloster von Langtang.

Bröckelnde Drachen im Treppenhaus.

Lichtflut beim Verlassen des Klosters.

Glocke vor dem Kloster.
Direkt hinter dem Kloster beginnt der Touristenort Langtang (3430 m) und wir stehen vor der Qual der Wahl. Wir hatten uns zwar dazu durchgerungen fairenhalber nicht gleich das erste Gasthaus zu nehmen (was auf Grund der hohen Besucherzahlen fast immer nobler und ansprechender aussieht als die anderen Lodges), aber welches sollten wir dann nehmen? Nachdem wir eine Weile orientierungslos durch den Ort geirrt sind steigen wir im "Pilgrims" ab, das auf uns noch den am besten isolierten Eindruck macht. Unsere Schlafsäcke sind nämllich leider nicht alle so warm, dass man darin ohne weitere Decken gut schlafen könnte.

Blick vom Kloster ins Tal.

Pferd.

Von hier ist es nur noch ein kurzes Stück bis nach Langtang.
Im Pilgrims dann aber erste Ernüchterung: Es gibt nur noch im Erdgeschoss einen Dreierraum, jedoch mit breiter Fensterfront und teilweise größeren Löchern im Glas. Müde von der Suche stimmen wir notgedrungen zu und flüchten schnell in die Stube um uns aufzuwärmen. Doch der Raum ist riesig und zugig, der Ofen klein und bereits umringt von anderen Gruppen. Also Pullover und Jacken übergestreift und zu der fröhlichen Gesellschaft gesetzt, die im Laufe des Abends noch Musikinstrumente zückt und für gute Stimmung sorgt. Morgen fehlen nur noch 2h bis zum höchsten Punkt unserer Wanderung und das bedeutet: Bergaussicht!!!

Nina hat sich bis zum Ofen vorgekämpft. Im Hintergrund die Partycrowd.

Etwas zugig, aber Dank der erhältlichen Decken kein Problem - unser Schlafraum im "Pilgrims".