Sonntag, 27. Februar 2011

Weihnachten - Teil 2


Am 24.12. traf ich meine Eltern zum zweiten mal, diesmal in Pokhara. Das liegt etwa 200 km westlich von Kathmandu und lässt sich entweder in 7 h Busfahrt über holprige Serpentinen oder 15 min Flug erreichen. Das sprach klar für den Flug, schließlich wollte ich nicht halb weihnachten auf der Straße verbringen. Die Busfahrt versprach jedoch eine erlebnisreichere Reise durch grüne Hügellandschaften, tiefe Schluchten und malerisch gelegene kleine Dörfer, während ein Flug kaum mehr als eine Wolkendecke erwarten ließ. Beim Thema Sicherheit gab es ein Unentschieden, hier lag die Wahl eindeutig bei Not oder Übel. Beide Transportmittel überbieten sich täglich gegenseitig mit Unglücksmeldungen und man würde die Strecke am liebsten zu Fuß zurücklegen. 

Bei Pokhara.
Als ich mich schließlich nach ausführlicher und reiflicher Abwägung aller Komfort-, Zeit- und Kosten-Faktoren für den Bus entschlossen hatte und meinen Eltern stolz meinen wohlüberlegten Beschluss vorlegen wollte, teilten sie mir mit, dass sie den Flug inklusive Shuttleservice für mich längst gebucht hatten...

Bei Pokhara.

Am Vortag der Abreise dann plötzlich Panik: Ausgerechnet am nächsten Morgen sollte eine Protestkundgebung die Hauptstraße nach Kathmandu blockieren. Gerüchten über gewisse Ausnahmen für Touristenbusse traute ich nicht und so versuchte ich telephonisch meinen Fahrer zu erreichen um unsere Abfahrtszeit etwas vorzuziehen. Der war jedoch nicht zu erreichen und so blieb mir nichts anderes übrig als meine Sachen fertig zu packen und das Beste zu hoffen. 

Bei Pokhara.
Mitten in der Nacht dann lautes Hämmern an unserer Tür. Mein Fahrer hatte irgendwie meine Adresse ausfindig gemacht (oder er hatte zuvor alle anderen Häuser in der Gegend ausprobiert...) und eröffnete mir aufgeregt wir müssten unbedingt schon früher los, da sei eine Protestkundgebung auf der Straße nach Kathmandu und auch für Touristen sei... Ich winkte ab und wir fuhren los. Es war 5 Uhr morgens und gut 4h vor Abflug...

Bei Pokhara.
Nach ca. 25 min erreichten wir den Flughafen. Ich versuchte unser schnelles Durchkommen von der positiven Seite zu sehen und mich mit ein paar weihnachtlichen Gedanken aufzuheitern. Dann betrat ich durch eine Art "Sicherheitskontrolle" das Flughafengebäude, aber dieser Begriff trifft es nicht ganz. Ich passierte zwar einen Metalldetektor, doch ließen mich dabei ein paar Beobachtungen stutzig werden. Zunächst saß vor dem Bildschirm gar kein Mitarbeiter. Wozu auch? Schließlich lief das Band ja auch von alleine... Während ich noch darüber grübelte ob ich nun warten müsste oder nicht, lief der Nepalese hinter mir einfach außen am Metalldetektor vorbei. Logisch, er hatte es ja auch eilig! Er wurde zwar von einem Mitarbeiter aufgehalten und zurückgeschickt, aber so langsam hatte ich doch das Gefühl, dass gewisse Sicherheitsstandarts in Nepal eher als überflüssig betrachtet werden. Dieses Gefühl wurde zur Gewissheit, als ich die Halle betreten und die Flughafengebühr bezahlt hatte. 10 m hinter dem "Sicherheitseingang" befand sich nämlich ein türloser Durchgang, der - bei gutem Kontakt zum dort sitzenden Wachmann - völlig ohne Kontrolle benutzt werden konnte...

Bei Pokhara.
Schließlich gelangte ich in die Wartehalle und stellte mich auf das ein, was man hier nun mal macht: Warten. Recht lange warten, aber na gut. "Was sind schon 3h im Vergleich zur Ewigkeit?" dachte ich mir und vertiefte mich in eine Mammut-Ausgabe der FAZ, die mir meine Eltern in weiser Voraussicht überlassen hatten. Es war eine herrliche Ruhe in dem Raum! Zwar ein paar unverständliche Durchsagen, aber wenigstens nicht so hektisches Kommen und Gehen wie sonst bei uns üblich. Als ich die interessanten Artikel alle eingehend studiert hatte begann es langsam zu dämmern - sowohl draußen als auch in mir, denn selbst in meinem verschlafenen Zustand konnte ich nun sehen, dass man draußen - nichts sah! Es kam wie es kommen musste. Zunächst nahm ich mir die uninteressanten Artikel vor, dann arbeitete ich mich noch durch den Wirtschaftsteil und schließlich sortierte ich die Kontaktanzeigen nach alphabetischer Reihenfolge... Als ich bei 'K' angekommen war hatte sich der Nebel verzogen und meine Buddha-Air-Maschine konnte endlich starten.

Dicke Suppe morgens am Flughafen in Kathmandu.

Mit Ihrer Heiligkeit neben mir war ich wenigstens sicher!

Sitzplatzglück: 20 min Flug, 15 min freie Sicht auf den Himalaya!
Nach nur 20 min landete die Maschine bereits wieder in Pokhara, wo mich trotz der zweistündigen Verspätung mein Taxi und ein grandioser Ausblick auf Machapuchre und den Annapurna-Höhenzug erwartete. 

Annapurna South und Machapuchre von Pokhara Airport aus.

Weitere 20 min später stieg ich in ein kleines Boot um und wurde (leider zusammen mit einer etwas nervigen Familie aus Ameeerika) über den wunderschönen "Begnas Lake" zum Resort gerudert, wo ich schließlich nach insgesamt siebenstündiger Reise ankam - ein Glück hatte ich das Flugzeug genommen... 

Made in Nepal...
Der Begnas Lake bei Pokhara.
Das "Begnas Lake Resort" - natürlich Südhang!

Die Anstrengung war aber mit einem Schlag vergessen, denn nun gings mit der Stimmung steil nach oben: Das Zusammenkommen mit meinen Eltern, ein Luxus"frühstück" nach 7h Hungern und Weihnachten in einem Traumresort - was will man mehr? 

Solide und warm: Unser Urlaubsdomizil.

Der See vom Resort aus.
Wir genossen alles in vollen Zügen, beginnend mit einem kleinen Spaziergang im Abendlicht und mit fantastischem Blick auf den See. Es folgten eine kleine Geschenkeorgie mit großem Baumkuchen (hatten meine Eltern extra mitgeschleppt! Eine fabelhafte Idee wie ich fand... =) und ein sehr leckeres nepalesisches "Weihnachtsdinner" - man durfte sich auf die kommenden Tage freuen!

Bei Pokhara.
Nepalesisches Billard: Mit Mehl und Plastikchips.
Tempel nahe des Resorts.

Eindeutig eine Spitzmaulgottheit!

Gebetsglocke vor dem Tempel.

Das kann nur ein Übersetzungsfehler gewesen sein...

... und abends nach dem Essen liegt schon eine Wärmflasche im Bett! Dekadenz kann so schön sein...
Am ersten Morgen verließen wir (nach sehr(!) gutem Frühstück) in aller Frühe das Resort mit dem(natürlich deutschsprachigen!) Guide Nabin, der uns auf einer mehrstündigen Wanderung (mit einem "kleinen" Lunchpaket...) kreuz und quer durch die Hügel zu einem Aussichtspunkt führte. Das Wetter war toll, die Anstrengung gerade richtig und Nabin fügte dem Wohlfühlpaket noch eine Prise Kultur bei, indem er uns das eine oder andere über das Leben in Nepal erzählte. 

Über abgeerntete Reisfelder.

Heu auf dem Weg zum Trocknen.

Die drei waren gar nicht mehr zu beruhigen und wollten immer mehr Photos...

Auf dem Weg zum Aussichtspunkt.

"Adleralarm...!" Um den Gipfel herum wimmelte es nur so von großen Greifvögeln.
Nachdem wir am Aussichtspunkt eine kurze Picknickpause eingelegt und einem interdörflichen "Fest zur Vertiefung der religiösen Zusammenarbeit" spontan als Ehrengäste beigewohnt hatten (ja, es war ein bisschen merkwürdig...), machten wir abschließend in einem ökologischen Kaffeebetrieb halt, wo wir - ungelogen - den besten Kaffee der Welt zu trinken bekamen!!! (ok, wir hatten nach stundenlanger Wanderung zum ersten mal wieder die Füße hoch gelegt und eine traumhafte Aussicht auf den See bei Sonnenuntergangsstimmung, aber trotzdem!). 

Gezeichnet vom Dorffestival: Meine Eltern und ich.

Kaffebohnen direkt nach der Ernte beim Trocknen in der Sonne.


Hier wird noch traditionell gemahlen, manch einer erinnert sich...

Tja, und das ist er: Der beste Kaffee der Welt!!!
Erschöpft aber glücklich erreichten wir am Abend das Resort, leerten den Warmwasserduschtank bis auf den letzten Tropfen, räumten das Buffet ab und fielen tot ins Bett.

Bei Pokhara.
Auch am zweiten Tag starteten wir früh, diesmal jedoch zu einer etwas kürzeren Wanderung zur "World Peace Pagoda". Das ist eine vor dem Hintergrund des Buddhismus von 4 Ländern (Nepal, Japan, Malaysia und Thailand) errichtete Stupa, von der man einen schönen Ausblick auf Pokhara und die umliegenden Hügel hat. 

Dschungel auf dem Weg zur World Peace Pagoda.

Blick auf Pokhara und den Himalaya.

Die World Peace Pagoda bei Pokhara.
Anschließend besichtigten wir die eher mäßig interessanten Highlights des historischen Teils von Pokhara (in der Hinsicht kommt aber gegen Bhaktapur einfach nichts an) sowie des neueren Stadtteils (Tourismus pur). Immerhin das Gorkha-Bier und der Apfelkuchen nach der Mittagspause sind mir in guter Erinnerung geblieben... Zum Abschluss des Tages machten wir noch einmal schnell bei unseren neuen Kaffeefreunden halt, tranken ein Tässchen und kauften noch ein paar Kilo Rohmaterial für zu Hause ein. Dann wurde es auf einmal sehr schnell sehr dunkel und wir mussten uns sehr beeilen nach Hause zu kommen...

Auch die Sicht vom Pausenplatz war schön...!
Damit war dieser Kurzurlaub bereits wieder an seinem Ende angelangt und wir machten uns früh am nächsten Morgen auf zum Flughafen. Auch diesmal mussten wir ein wenig warten, denn in Kathmandu herrschte mal wieder Nebel, aber schließlich schafften wir es doch. 

Blick aus dem Flieger auf dem Weg zurück nach Kathmandu.
Dort angekommen trennten sich unsere Wege erneut, denn meine Eltern besuchten mehrere kleine Städte in der Umgebung von Bhaktapur. Indra war bei Sunchita in Kathmandu, also hatte ich den Abend für mich alleine. Ich nutzte die Gelegenheit und genoss zum ersten mal nach anderthalb Monaten Nudeln mit Tomatensoße - delicious! =)

Kein Strom, aber unglaublich leckere Nudeln mit Tomatensoße!
Einige Tage später sahen wir uns zum Abschluss nochmal in Bhaktapur. Meine Eltern besuchten die Schule von TOIT, lernten Indra und Bisehs Familie kennen und investierten ein wenig in den nepalesischen Bekleidungssektor. Dann hieß es wieder für einige Monate Abschied nehmen. Es war eine tolle Zeit gewesen, sowohl für meine Eltern als auch für mich. Das nächste Treffen wird wohl in Berlin stattfinden, denn das ist - trotz der fernöstlichen Reize Bhaktapurs - immer noch die schönste Stadt der Welt!!!

Die schönste Stadt der Welt: Berlin!

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