Dienstag, 15. Februar 2011

Kathmandu, Klappe die Fünfte,,,

Vor ein paar Tagen waren wir wieder einmal kurfristig in Kathmandu. "Wieder einmal" bezieht sich ebenso auf "Kathmandu" wie auf "kurzfristig". Man muss wissen, dass hier in Nepal alle Elemente eines Entscheidungsprozesses grundsätzlich kurzfristiger Natur sind: Planung, Planungsänderungen und auch Planungsänderungsmitteilungen. Man sollte das Haus deshalb nie ohne Telefon (nachts Akku laden nicht vergessen!) und ein gutes Buch (nicht zu dünn!) verlassen... "Langfristig" gibts in Nepal aber natürlich auch, z.B. Bestellungen (haben heute ein Regal abgeholt, dass Indra vor 10 Monaten bestellt hat), Examenskorrekturen (Bachelor oder Masterergebnisse gehen schneller, da muss man im Schnitt nur 6-7 Monate warten) oder politische Entscheidungen (an einer neuen Verfassung wird jetzt seit 3 Jahren gearbeitet)...

Immer der Nase nach...

Ok, ich wollte aber eigentlich von unserem Besuch in Kathmandu erzählen. Es war Freitag Nachmittag und wir hatten soeben eine Gruppe französischer Voluntäre verabschiedet, die die letzten 3 Wochen bei uns verbracht hatten (Bericht folgt!). Ich freute mich, denn kurz darauf sollte es für 3h Strom geben, die ich nach nunmehr 3 Wochen mal wieder zum ungestörten Arbeiten, Email schreiben und Skypen zu nutzen gedachte...

Es ergab sich jedoch, dass es Sunchita, der Frau von Indra, nicht so gut ging und er mit ihr zum Arzt fahren wollte. Da der Nepalese an sich sehr gesellig ist, unternimmt er Reisen (Ausflüge länger als 20 min) selten alleine. Am besten kommt die Mutter mit, dann muss sich zudem über keine Entscheidungen während der Reise den Kopf zerbrechen). Da die Fahrt von Bhaktapur nach Kathmandu aber mindestens 30 Minuten dauert sollte ich also mitkommen. Da ich weiß, dass sich an solche Besuche oft eine Übernachtung anschließt, fragte ich sicherheitshalber nach. Antwort: "Oh, nein nein, ich glaube wir kommen danach wieder nach Hause, ich muss morgen früh noch so viel machen..."

Der besagte Hügel am Rande der Stadt.
"Ich glaube" hat erfahrungsgemäß einen sehr, sehr hohen Kurzfristigkeitskoeffizienten, besonders wenn der Planungsinhalt mit den Interessen einer Frau kollidiert (speziell DEINER Frau! Dann sollte man den Koeffizienten hoch 2 nehmen...). Ich packte also Zahnbürste, Schlafsack und etwas zum Beschäftigen ein und nahm meinen gewohnten hinteren Platz auf Indras Motorrad ein. Immerhin ergab sich diesmal ausnahmsweise nicht, dass wir auf dem Weg noch kurzfristig eine offene Yoghurtschale, einen großen Heizstrahler oder eine schwere Autobatterie aufgabeln würden, die nur "irgendwer" während der Fahrt halten müsste...

Der wohl einzige orange-rosafarbene Tempel Nepals.
Als wir ankamen stellte sich heraus, dass außer der Mutter von Sunchita, die mit Essen kochen beschäftigt war, keiner zu Hause war. "Falk, may be you can look after the baby...?! We'll be back in may be 2 or 2.5 h..." Da "may be"einen ähnlich hohen Koeffizienten hat wie "Ich glaube", freute ich mich riesig! Schließlich wird das Baby noch gestillt und meine Chancen für eine erfolgreiche Dauerbesänftigung des Klienten standen etwa 1:1000, aber was blieb mir anderes übrig.

Das Problem löste sich von selbst. Beim ersten fröhlichen Seufzer des Kindes kam die Mutter besorgt ins Zimmer und schleppte das Baby in die Küche ab. Noch bevor mein Stolz ob dieser Unfähigkeitserklärung verletzt werden konnte, durchzuckte mich ein Gedanke: Freiheit! =) Schon auf dem Weg zu Sunchitas Wohnung hatte ich einen nicht zu weit entfernten Tempel auf einem Hügel erspäht, der mir allein auf Grund seiner Farbgebung (orange-rosa!) ein lohnenswertes Ausflugsziel zu sein schien und machte mich sofort auf den Weg. Nach der Motorradfahrt tat die Bewegung gut und die untergehende Sonne verlieh der ansonsten eher unschönen Umgebung einen harmonischen Anblick.

Mr. Tempel im Profil.
Nach kurzem Spaziergang erreichte ich den Tempel, wo ich mich gleich in zwei Fettnäpfchen stürzte. Erstens erwischte ich den Eingang und zweitens verpasste ich es meine Schuhe schon vor der Treppe auszuziehen. Zu meiner Verteidigung kann ich jedoch sagen, dass der Besuchereingang klein und wenig zentral angelegt war und alle Hinweisschilder auf Devanagari waren. Mit Touristen wie mir rechnet hier offensichtlich keiner... Ich wurde jedenfalls sehr schnell und sehr deutlich darauf hingewiesen, aber es war ansonsten nicht weiter schlimm.

"Nun, wie hältst Du es mit der Religion... und mit mir?"
Im Gegenteil, der freundliche Herr führte mich anschließend sogar durch den Tempel, in dem ein kleines Modell der gesamten Anlage mit aktuellen und geplanten Bauten stand. Es stellte sich heraus, dass der Krishna-Tempel Zentrum einer eigenen Religionsgemeinschaft war, die sich auf diesem Hügel eine Art autarker Basis mit Lehrzentrum, Unterkünften für Schüler und Lehrer und anderen Gebäuden einrichtete. Nun ja, ich glaube bei uns würde das Ganze als Sekte deklariert werden, aber diese Vermutung entspricht natürlich nur meinem subjektiven Empfinden (Wenn man bei Google die Seite des Krishna Pranami Youth Councils aufrufen will, erscheint die Meldung: Warnung - ein Besuch dieser Website kann ihren Computer beschädigen!...)

Dies ist wohl gemerkt nicht der Besuchereingang...!
Ich machte also von draußen ein paar Photos (drinnen war es nicht erlaubt...) und ging in einem Bogen zurück nach Hause. Als Indra und Sunchita zurückkamen war es überraschenderweise doch schon recht spät..."Falk, may be we stay here and go back tomorrow, what do you think?"


Ich mag die Nepalesen! =)

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